Vielfalt. Ist es ein Zufall, dass es in Reil drei Ateliers gibt? Sicherlich nicht. Gab es einen Plan dazu? Ganz bestimmt nicht. Toleranz, Weltoffenheit, Neugierde, Individualität, Mut und Beharrlichkeit, Weiterentwicklung und Tradition; das sind die Zutaten, die dazu führen, dass etwas entsteht, was es noch nicht gegeben hat. Und schaut man sich unser Dorf genau an, so ist jedes Haus ein Einzelstück, ein kleines Kunstwerk, um- und angebaut, erweitert mit einer Terrasse.
Vor dem Haus stehen Kübel mit Pflanzen, jeder Kübel sieht anders aus, aber ein Oleander ist fast immer dabei. Vielfalt. Möglich durch Individualität und Freiheit, die geschichtlich betrachtet im Cröver Reich, zu dem Reil gehörte, immer recht hoch war. Nur dem Kaiser unterstellt, der weit weg und mit größeren Dingen beschäftigt war, konnte sich ein bescheidenes, aber eigenständiges Leben entwickeln. Und die Cröver Obrigkeit wurde am ehesten akzeptiert war, wenn sie sich vom Dorf fernhielt.
Heute leben viele Nationalitäten in Reil, dauerhaft oder haben ihr Feriendomizil hier, im Jahr 2022 ca. 40 Geflüchtete aus der Ukraine. Integration wird gelebt und ist nicht nur ein Programm. Vielfalt. Schauen Sie sich die Ateliers an, Sie sind herzlich willkommen. Sie sind völlig unterschiedlich.
Das gilt auch für den Kunstautomaten.
Chronik der Gemeinde Reil
Buch „Chronik der Gemeinde Reil“
„Reil, die Geschichte eines Moseldorfes“, dokumentiert in einem Buch mit 560 Seiten. In jahrelanger Arbeit entstand das Buch, das zum 1000-jährigen Jubiläum 2008 fertiggestellt werden konnte. Die ausführliche Chronik berichtet über den Beginn der Besiedelung des Moseltales, die Entwicklung und die ständigen Veränderungen über die Jahrhunderte hinweg. Im Mittelpunkt stehen die Menschen in Reil mit ihren Lebens- und Wirtschafts- verhältnissen, den traditionellen Festen und das Alltagsleben. Viele Fotos halten das Ortsbild und die Menschen, die hier leben und lebten, fest. In der Tourist-Information kann man hineinschauen in das Buch und es auch gerne kaufen.
Die sieben Fußfälle
Reiler Fußfälle – ganz was besonderes!
Eigentlich müssen sich die heutige Betrachterin und der Betrachter ins 17. Jahrhundert begeben. Etwa um 1680 herum. Unser Dorf zählte damals etwa 90 Familien mit ca. 210 Kindern. Es war ein karges Leben. Bestimmt wurde der Alltag der Reiler Bevölkerung durch die viele Arbeit und den katholischen Glauben. Einige wohlhabendere Familien stifteten damals Bildsteine und verewigten sich damit für die Nachwelt. Jedes der 7 Bilder erzählte bestimmte Szenen der Leidensgeschichte Jesus Christi. Sie wurden so dargestellt, dass sie als Knie- bzw. Fußfälle bezeichnet werden können. Im Laufe der Geschichte wurden sie erst auf 12, später auf 14 Stationen erweitert. Diese entsprechen dem heutigen Kreuzweg.
Kreuzwege beginnen immer von der Kirche aus. Damals wie heute führen sie über längere Wege durch die Flure, aus dem Ort heraus und bis zur Anhöhe hin. Wege sowie Anstieg unterstreichen dabei den Bußcharakter. Die Höhe weist auf das bibliche Golgotha hin, im übertragenen Sinne auch auf die Erhöhung Christis mit dessen Auferstehung und Himmelfahrt. Die Christen verbinden damit ihre Erlösung und die Erwartung auf den Himmel. Von den ursprünglichen 7 Sandsteinhalbreliefs in Reil waren Ende der 1990er Jahre nur noch 4 vorhanden und von diesen leider nur noch ein Bild zu restaurieren. Es handelte sich dabei um die 1. Station unweit der Kirche. Nach zeichnerischen Vorgaben von Prof. Dr. Erwin Schaaf aus dem Alftal gestaltete die Bildhauerwerkstatt Ulrich Wendhut aus Traben-Trarbach sämtliche Sandsteinhalbreliefs der 7 Fußfälle neu. Die ursprüngliche Wegeführung konnte aufgrund der Flurbereinigung nicht mehr beibehalten werden. So wurde eine neue 2,4 km lange Wegstrecke gefunden.
Mit der Kirche als Ausgangspunkt und der Kapelle auf “Kirschenkreuzchen” als Zielpunkt entstand ein schöner Weg durch das Dorf. Es lohnt sich, ihn einmal zu gehen und sich die Fußfälle genauer anzuschauen. Finanziert wurde das kulturelle Projekt maßgeblich durch den “Theaterverein Moselblümchen 1912 Reil e.V.” Anlass war das 90-jährige Vereinsjubiläum. Die neuen Bildstöcke wurden im Juli 2002 feierlich übergeben. Die “Freunde vom heißen Stein”, zwei Banken und weitere private Förderer beteiligten sich ebenfalls am Projekt der Restaurierung.
Weitere Infos:
Wanderung “Kapellenweg” – https://aktiv.moselregion.com/de/tour/wanderung/kapellenweg-reil/
(Quelle: Chronik der Gemeinde Reil)
Ehrendenkmal
Das Ehrendenkmal erinnert an die in den Kriegen gefallenen Reiler Bürger.
Es steht in der Nähe der Kirche innerhalb des Dorfes und wurde 1898 errichtet. Die Säule trägt die Inschrift: Andenken an die glorreichen Siegesjahre 1870/71. In diesem Krieg waren 2 Reiler getötet worden. Kriege als glorreich zu beschreiben, endete mit dem 1. Weltkrieg. Dem Denkmal mussten 48 Namen von Gefallenen hinzugefügt werden. Im 2. Weltkrieg gab es 91 Tote und 41 Vermisste. Betroffen waren die Männer der Geburtsjahre von 1897 bis 1928. Von diesen sind ca. 33% im Krieg gefallen oder vermisst. Es macht deutlich, mit welch verheerenden Folgen 12 Jahre Nationalsozialismus auch in einem kleinen Dorf verbunden waren. Aber auch der 2. Weltkrieg mit Millionen Toten und unbeschreiblichen Gräueln konnte der Welt keinen Frieden bringen. Seit 1945 gab es 242 weitere Kriege, wovon 170 innerstaatlich stattfanden.
(Quellen: Chronik der Gemeinde Reil, Wikipedia)
Historische Gebäude
Arche
Das Wohnhaus Moselstr. 45 gehört zum Ensemble der Furt. Das traufständige Fachwerkhaus auf massivem Sockel und Mansarddach aus dem 18.Jh. wurde liebevoll renoviert. Flussaufwärts das erste markante Gebäude ist Teil des Siedlungskerns an der ehemaligen Reiler Furt. Der Kern dieses Hauses geht auf das späte 16. Jahrhundert zurück. Das Fachwerkhaus hatte früher zwei Fruchtspeicher, die ihm auch den Namen gaben (archa, lat.: Fruchtspeicher). Zur Mosel erhebt sich über einem massiven Sockelgeschoss ein Fachwerkobergeschoss mit unregelmäßigen Feldern. Der Fachwerkerker mit dreiteiliger Frontöffnung deutet auf ein Zwischengeschoss hin, das typisch für den Anfang des 17.Jh. ist. Der Hauseingang mit profiliertem Sandsteingewände und ovalem Oberlicht (ein barockes Detail) liegt auf der Giebelseite und zeigt die Jahreszahl 1728. Der vorgelagerte Keller mit Flachdachterrasse ist jüngeren Datums, daneben liegt der ursprüngliche, rundbogige Kellereingang. Für dörfliche Bauten typisch sind solche verschiedenen Bauphasen.
Alte Schule
Als Schule wurde in den 70er Jahren des 19. Jh. das Gebäude aus unverputztem Bruchsteinmauerwerk errichtet. Sie wurde als solche bis 1961/62 genutzt. Mit den einfachen Sandsteingewänden an den Fenstern, die nur im Mittelteil als Sturz den Eingangsbereich stärker betonen, repräsentiert es den preußischen Einfluss an der Mosel. In manchen Details, wie dem Geländer, wird die Zeitgleichheit mit dem Bau der Eisenbahnlinie Bullay-Traben-Trarbach deutlich. Das Türmchen des Mittelrisalits trug seinerzeit die Feuerglocke.
Moselstraße 19
In jedem gründerzeitlichen Villenviertel einer deutschen Stadt könnte dieses große historische Gebäude aus dem Jahr 1900 stehen. Mit aufwändigen Putzprofilierungen an Fenstergewänden und Gesimsen sowie Eckbossierungen und mit dem verzierten Freigesperre des Dachüberstandes zeigt sich in dieser Fassade noch heute der Wohlstand seines Erbauers.
Moselstraße 13
Mit dem Giebel zur Mosel steht dieses voluminöse Gebäude mit dem massiven Erdgeschoss und Fachwerkobergeschossen. Das 1. Geschoss zeigt das Fachwerk. Der Giebel ist verschiefert. Seitliches und rückwärtiges Nebengebäude komplettieren die Hofanlage. Die Zahlen am Türsturz zeigen neben den Initialen das Baujahr 1738. Wir haben hier ein im Wesentlichen unverändertes barockes Anwesen, das auch im Innern noch Stuckdecken, einen Wandschrank und im Wirtschaftstrakt einen Backofen aus früheren Zeiten birgt. Das Mansardwalmdach mit ca. 15 m Spannweite bot reichlich Platz zur Lagerung von Getreide, Heu und Stroh. Es handelt sich um ein Wohnspeicherhaus, bei dem die Funktionen übereinander gestapelt sind. Dies ist eine moseltypische, äußerst platzsparende Bauweise, die die enge Tallage mit Hochwasser und die zum Teil steil ansteigenden Hänge mit den Weinbergen erforderlich machten.
Moselstraße 9
Zum Ensemble gehört die benachbarte “Alte Schmiede”. Nach dem Schlussstein auf dem Kellerzugang wurde sie 1790 erbaut – andere Quellen datieren das Fachwerk, das auf der Nordseite auch auskragt, auf das frühe 16.Jh.. Dieses Gebäude wurde öfters verändert z.B. im Fensterbereich und enthielt auch zwischenzeitlich einen Haushaltswarenladen.
Moselstraße 1
Am Ortsende prägt die Villa eines Weingutes aus dem Jahr 1906 das Bild. Sauber verarbeitete Bruchsteine, Fenstergewände aus Sandstein und der markante Zwerchgiebel mit Sandsteinvoluten und mit dem Dach einer halben welschen Haube spiegeln den Geschmack des Erbauers wieder
Pariser Straße 8
Die Häuser um die Pariser Straße sind ein alter und noch wenig verfälschter Siedlungskern von Reil. Sie lassen sich bis ins 16.Jh. zurück datieren. Die Häuser zeigen sehr alte Mischbauweise, wobei die massiven Teile überwiegen. Die Obergeschosse wurden teilweise auch in Fachwerk errichtet, die verschiefert bzw. verputzt wurden. Die Dächer sind zumeist sehr steil. Am Haus Nr. 5 können wir einen gerundeten, in Traufhöhe gekappten Treppenturm erkennen. Dieses Haus wurde zeitweilig unter den Franzosen als Gefängnis und später von den Gebrüder Müll als Wirtschaft (Müllehaus) genutzt
Pariser Straße 1
Ein zweigeschossiger giebelständiger Bau, im Kern aus dem frühen 17. vielleicht sogar aus dem 16.Jh. prägt die platzartige Erweiterung der Pariser Straße an der Einmündung der Zehntstraße. Straßenseitig verputzt, der Giebel verschiefert mit Zwergwalm zeigt hier auch die Rückseite des Gebäudes interessante dörfliche Details: die Gaube für den Flaschenzug zum Beschicken des Speichers, den Kellerabgang, Anbauten für die zur Ernährung notwendige Kleinlandwirtschaft. Der Hof ist mit Kieselsteinen gepflastert (Katzenkopfpflaster).
„Deutsches Eck“
Das Eckgebäude, in dem sich bereits 1620 eine Schule befunden haben soll, wurde zwischenzeitlich auch als Rathaus und um 1900 auch als Gastwirtschaft (genannt das Deutsche Eck) genutzt. Das Gebäude zeigt eine imposante Höhe mit 3 Etagen und dem steilen Satteldach. Während das Hauptgebäude verputzt ist, haben wir am nördlichen Nebentrakt auf einem massiven Sockelgeschoss ein mit Zierelementen versehenes Fachwerk, datiert 1682, vor Augen. Das Fachwerkgefüge kragt über den Sockel, der Eckständer ist reich geschnitzt und die “Mannfiguren” zeigen Verzierungen. Mannfiguren – eine für die Zeit ausgangs des 16. bis ins 17. Jh. hinein reichende typische Anordnung der diagonalen Streben, mit langer Fuß- und kürzerer Kopfstrebe.
Lehlgasse 16
Wie bei dem vorgenannten Nebentrakt handelt es sich bei diesem Gebäude (datiert am Giebel auf 1719) um schönes Fachwerk, das auf einem massiven Sockel (verputzter Bruchstein) aufliegt. Besonders erwähnenswert sind bei diesem Fachwerk die Brüstungsbänder unterhalb der Fenster, deren Diagonalen dem Zeitgeschmack entsprechend nur der Zierde dienen. Seinen Ursprung hat dieses Element im Andreaskeuz (zur Aussteifung dienende Konstruktion). Bei diesem Haus handelt es sich wie bei dem sich anschließenden Haus Nr. 18 nicht um Winzeranwesen, sondern um Wohngebäude mit Handelsgewerbe. Im Haus Nr. 16 lebte auch ein Schuster. Die Lehlgasse hieß früher Judengasse, da hier einige jüdische Familien wohnten.
Dorfstraße 10
Über dem vorgelegten Kellersockel mit schönem Geländer erhebt sich das Gebäude eines Weinguts in repräsentativer Form, was sich in großen Stockwerkshöhen (4m Raumhöhe), haugerechter Verarbeitung des Natursteins mit Sandsteingewänden um die Fenster, Betonung der Ecken mit Bossierungen und dem Mansardwalmdach manifestiert. Die Natursteinfassade aus Olkenbacher Schiefer (Farbe blaugrau) wurde hier vor die Bruchsteinwand wie eine Verklinkerung vorgelegt. Der Historismus zeigt sich vor allem in Portal und Zwerchgiebel mit Säulen, Voluten und Obelisken. Dieses Gebäude der Jahrhundertwende wurde auf Kellern und Mauern von Vorgängerbauten errichtet.
Küferstraße 8
Der stattliche zweigeschossige Massivbau mit steilem Satteldach wurde erst kürzlich renoviert, datiert ins 18.Jh. dürfte er im Kern wohl älter sein. Dieses Gebäude erhebt sich über einem sehr geräumigen Weinkeller.
Burgstraße 1
Bei diesem spätmittelalterlichen Gebäude (15. oder 16.Jh.) handelt es sich um die “Burg”, um den Rest einer ehemals großen Anlage, dem Sitz der Ritter von Reil (erstmals erwähnt 1285). Ihre Aufgabe war neben der Verwaltung der Fiskalgüter die Bewachung der Furt, die zu den wenigen Moselübergängen gehörte, die den Eifelraum mit dem Hunsrück verbanden, und die seit vorgeschichtlicher Zeit benutzt wurde. 1480 wurde die “Burg” verkauft. 1610 starb verarmt der letzte Ritter “David von Reil”. Die Burg ist somit auch ein alter Dorfkern, dessen Reste leider durch Um- und Anbaumaßnahmen sehr verändert wurden. Neben der Nordfassade, die die ehemalige Masse des Hauses erahnen lässt, zeigt noch das weit vorkragende Fachwerkgeschoss mit dem Schwebegiebel seine upload/reil_pics/Historische Bedeutung. Schwebegiebel – eine Konstruktion, die ein giebelseitiges Vordach ermöglichte – waren z.Z. der Erbauung der “Burg” an der Mittelmosel häufig anzutreffen, hier ein erhaltenes Beispiel
Raiffeisenbank
Dieses Gebäude eines Weinguts wurde 1914 im Übergang vom upload/reil_pics/Historismus zur Moderne errichtet. 1991 wurde es für die Raiffeisenbank beispielhaft schonend umgebaut. Zum Teil zweigeschossig, erhebt sich das Gebäude über dem Weinkeller, der talseitig bis zur Straße reicht. Die überwiegend gewalmte Dachlandschaft wirkt trotz der reichen Differenzierung ruhig. Die Ausrichtung der Fenster ist axial und streng geometrisch, die Ornamentik ist im Vergleich zu den vorgenannten historistischen Villen sehr zurückgenommen.
Moselstraße 75
Schon von der Burgstraße aus lässt der große Wirtschaftshof erkennen, dass es sich hier um ein großes Weingut und Weinhandelshaus handelt. Erbaut ca. von 1890 -1900 dient es heute nur noch privaten Zwecken. Der gegliederte Baukörper aus unverputztem Bruchsteinmauerwerk mit Fenstergewänden aus Sandstein besitzt ein mächtiges Dach, dessen Nordgiebel auch einen verzierten Schwebegiebel zeigt. Zur Mosel hin ragt der Weinkeller weit vor das Hauptgebäude – der gesamte Garten ist unterkellert. 1939 ging das Anwesen an die Familie Müller über und wurde zum Stammsitz der Sektkellerei Rudolf Müller. Die Kellergröße war von Anfang an auf Weinhandel ausgerichtet mit einer Lagerkapazität von 100 Fuderfässern (1 Fuder = 1000 l), die durch Tankeinbau später auf 500 000 l erweitert wurde.
Moselstraße 65
Wir finden hier ein stattliches Herrenhaus aus der Barockzeit vor, dessen reiche Geschichte relativ gut dokumentiert ist. 1690 errichtete Peter Rieth, in Akten als “dominus” bezeichnet und als Schöffe tätig, parallel zur Mosel das Hauptgebäude als herrschaftliches Wohnhaus, dessen Keller nur der Bewirtschaftung des Hauses diente. Im gleichen Stil wurden später die Seiten-flügel und Rückgebäude errichtet, die auch dem Weinbau dienten. Als herrschaftliches Haus der Barockzeit wurden sowohl das Bruchsteinmauerwerk des Erdgeschosses sowie das Fachwerk des Obergeschosses verputzt. Darüber erhebt sich ein mächtiges Mansarddach. Ein hoher rundbogiger Torbogen mit Sandsteinrahmung führt über die Durchfahrt zum Innenhof. Die hohe gesellschaftliche Stellung des bürgerlichen Peter Rieth lässt sich auch an der Verheiratung seiner Tochter Angela Catharina 1698 an Johann Stefan von Neukirchen, einen Adligen aus Köln ersehen, dessen Familie Hofräte und Gesandte stellte. Da Angela Catharina das Anwesen erbte, blieb es im Besitz der Familie von Neukirch bis zum Verkauf im Jahr 1788 an Stefan Barzen. Der Bürgermeister von Bengel und Reil während der französischen Besatzungszeit war. Nach mündlicher Überlieferung befand sich in diesem Gebäude auch zwischenzeitlich eine Halfenstation: das war eine Pferdewechselstation mit Gaststube für den Treidelbetrieb auf der Mosel. Hierbei wurden die Schiffe mit Tieren, von den Halfen auf den Lein- oder Treidelpfaden geführt, flussaufwärts gezogen. Die Halfenwirtschaft bestand bis zum 1. Weltkrieg. Das Treideln auf der Mosel endete in den 30er Jahren.
Moselstraße 63
Etwas zurückliegend sehen wir ein giebelständiges Fachwerkhaus mit einem steilen Krüppelwalmdach und massivem Erdgeschoss. Zur Mosel hin befindet sich unter dem Terrassenvorbau der Kellereingang mit Sandsteinrundbogen. Der Weinkeller besitzt ein Kreuzgratgewölbe, das auf einem Pfeiler ruht. Der Hauseingang mit Oberlicht zeigt das Baujahr 1700 auf dem Türsturz. Links und rechts daneben befindet sich je ein Doppelfenster mit Sandsteinrahmung. Das Fachwerk der Giebelfassade zeigt in seinen Brüstungshölzern und Mannfiguren ornamentalen Anspruch. Das Holzwerk soll von der 1698 geschleiften Festung Mont-Royal stammen, wobei der Stil des Fachwerkhauses keine Gemeinsamkeit mit dem Festungsbau aufweist. Daneben befindet sich ein kleinerer Fachwerkbau aus dem Jahr 1730. Das Parterre ist massiv. Das Fachwerk des Obergeschosses ist einfach gefügt. Die ladenartige Tür im Obergeschoss weist auf die ehemalige Funktion als Heu- und Strohboden hin, das Untergeschoss wurde als Pferdestall genutzt. Beide Häuser gehörten zu dem Anwesen Rieth/von Neukirch.
Kunst
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Öffentlicher Bücherschrank
Reil hat einen öffentlichen Bücherschrank!
Die „Mini-Bücherei“, eine ehemalige Telefonzelle, steht an der Reiler Grundschule und bietet eine kostenlose Ausleihe für Alle, Klein und Groß zu jeder Tageszeit. Damit alles seine Ordnung hat und alle Freude am Lesen haben, hier ein paar Hinweise für die Nutzung der Mini-Bücherei:
Alle dürfen Bücher entnehmen, lesen, wieder hineinstellen oder weitergeben, alle dürfen ihre eigenen Bücher zu Nutzung einstellen – jedoch nur solche, die keine Gewalt verherrlichen oder Pornografie – auch keine Groschenhefte oder alte Lexika. Denken Sie an Kinder und Jugendliche. Besonders gesucht sind gute Kinderbücher für das untere Fach.
Wenn Sie hier nicht fündig geworden sind, besuchen Sie die Kath. Öffentl. Bücherei im Pfarrhaus, Pariser Str. 4, geöffnet nach der Sonntagsmesse von 10.30 bis 11.30 oder nach Vereinbarung mit Eleonore Roth, Tel: 06542-901450
Viel Freude am Lesen wünschen die Ehrenamtlichen: Dieter Chilian, als Pate für den Bücherschrank und Eleonore Roth, für die Bücherei
Beschädigungen oder Verunreinigungen melden Sie bitte der Gemeindeverwaltung Reil, Schulstr. 26, Tel: 06542-1233
Reiler Brücke
Schon seit der Frühgeschichte war der Ort Reil ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für den Querverkehr Eifel/Hunsrück. Mit der Reiler Furt war vor allem im Sommer die Möglichkeit geboten, hier die Mosel zu Fuß, zu Pferd oder auch mit einem Gefährt zu überqueren. Der relativ niedrige Reiler Hals war ein bevorzugter Zugang zum Moseltal und durch die Bachtäler östlich von Zell gab es befahrbare Wege in den Hunsrück.
Mit dem Aufkommen der Motorschifffahrt am Ende des 19. Jahrhunderts wurde in der Reiler Furt 1883 eine notwendige Fahrrinne herausgearbeitet. Damit konnte die Furt wie zuvor nicht mehr genutzt werden. Als Ersatz stand eine Fähre zur Verfügung, die zur Weinlese überlastet und für den Gütertransport nur eingeschränkt nutzbar war. Bei Hochwasser musste die Fähre ihren Dienst ganz einstellen, was für die Reiler Winzer verlustreich war, wenn die Weinlese im Herbst noch nicht abgeschlossen war.
Die Idee, eine Brücke zu errichten, war folgerichtig und technisch möglich, hatten dies die Römer vor fast 2000 Jahren in Trier längst bewiesen. Die Mittel standen einem kleinen Moseldorf jedoch nicht annähernd zur Verfügung. So wurden 1924 und 1936 vergeblich versucht, die notwendigen übergeordneten staatlichen Mittel zu erlangen. Auch die Argumentation zur Verbindung der Provinzialstraßen (B 49 und B 53) scheiterte. Außerdem war der Ausbau der Bergstrasse über den Reiler Hals bis ins Alftal noch nicht abgeschlossen. Erst 1950 genehmigte der Gemeinderat ein selbst finanziertes Konzept zum Bau der Brücke. Die Reiler Bürger mussten sich durch eine Umlage unmittelbar, mit eine sogenannte „Weinstockabgabe“, an den Kosten beteiligen. Auch damals ging mit einem Öffentlichen Bau nicht alles „glatt“. Es kam zu nicht vermeidbaren Verzögerungen und Kostensteigerungen, so dass eine Finanzierungslücke von 100.000 DM entstand. Da nicht nur Reil Vorteile an der Brücke erwartete, sondern auch nicht unerheblich die Nachbargemeinden Pünderich und Burg, gab es von Anfang an Gespräche über deren finanzielle Beteiligung. Auch die Hinweise auf die Finanzierungslücke und die sicherlich vielen Flaschen Reiler Wein in den Gesprächsrunden halfen nicht, die Kassen der ansonsten befreundeten Gemeinden zu öffnen.
Nach der feierlichen Eröffnung der Brücke am 16. Dezember 1953 ließ der Gemeinderat Schranken errichten und erhob Maut für die Benutzung. Dies wurde nur einen Tag durchgehalten, da der massive Protest zu unmittelbarem Handeln der Landesregierung führte. Im Gegenzug zum Abbau der Mautstation erhielt die Gemeinde einen Kostenzuschuss von 100.000 DM, so dass die noch offenen Rechnungen abschließend beglichen werden konnten. In den 60er Jahren wurde das Eigentum an der Brücke auf das Land Rheinland- Pfalz übertragen, was ordnungspolitisch richtig und wegen der Instand- haltungskosten ein Segen für die Reiler Gemeindekasse ist. Aus den Diskussionen mit den Burgern und Pünderichern gibt es heute noch den Spruch: D‘ Rejler Brigg is d‘ Burja un d‘ Pinneria ihr Glick.
(Quelle: Chronik der Gemeinde Reil)
Reiler Kirchen
Die Kirche im Dorf
(von Eleonore Roth)
Seit 1842 steht sie am Rande des Dorfes, sie dominiert als die einzige Vertikale. Mit berühmten Kathedralen und Kirchen kann sie nicht konkurrieren. Erbaut in einer Zeit des Realismus, die industrielle Revolution war in vollem Gange, die demokratischen Bestrebungen der deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche – gescheitert. Karl Marx schrieb 1840 in der „Rheinischen Zeitung“ über die „elende Lage der Moselwinzer“. Also kaum Geld für einen Kirchenbau. Die preußische Rheinprovinz wurde von protestantischen Beamten verwaltet, die größtenteils eine Abneigung gegen den rheinischen Katholizismus hegten und über fast zwanzig Jahre lang den Neubau der Reiler Kirche verhinderten.
Es war Pastor Leyendecker, der mit den Gemeindemitgliedern einen Baufonds auflegte. Der 30. Teil ihrer Traubenernte und Feldfrüchte sollten eingezahlt werden bis die Kosten des Kirchenbaus gedeckt seien. 1831 wurde die Baugenehmigung der Beamten erteilt, Bauinspektor Müller aus Saarbrücken fertigte einen Bauplan, der jedoch nicht die Zustimmung des Kirchenvorstandes fand und nicht den Bedürfnissen eines katholischen Gottesdienstes gemäß war: der Turm sei zu massig, die Höhe des Gebäudes zu niedrig, der Altarraum zu klein, ebenso die Sakristei. Orgelempore und Mannhaus fehlten. Weitere Widrigkeiten folgten und führten nach etlichen empörenden Eingaben, auch durch Bischof Joseph von Hommer, 1838 zum Auftrag an Baurat Nobiling für den Bau der heutigen Kirche. Der Grundstein wurde am 7. Juli 1839 am Fest „Mariä Heimsuchung“ von Pastor Johann Michael Leyendecker und der großen Festgemeinde eingemauert. Ärger gab es wegen der Stellung des Turms, der laut Vorgaben zur Dorfseite ging, was die Gemeinde ablehnte, weil der Eingang hinter dem Bau sein sollte. So wurde der Plan „gedreht“. Über Jahre hinweg erfolgten Um- und Anbauten – verbunden mit hohen Kosten für die Pfarr- und Zivilgemeinde. Ein bauliches „Juwel“ ist sie nicht, aber mit Fleiß, Geld und Mühe der Reilerinnen und Reiler zu ihrer Kirche geworden.
Für Orgel, Fenster und Glocken fanden sich Stifter wie der Domvikar zu Mainz, Stephan Beilen, der aus Reil stammte. Am Orgelprospekt ganz oben ist ein Beil zu sehen als Zeichen des Stifters.
Die Glocken mussten 1915 und 1942 für Kriegszwecke abgeliefert werden. Die Kirche überstand die Kriege unbeschädigt. 1946 hat Kurt Imhäuser, Metallfabrikant aus Olpe, dessen Frau aus Reil stammte, die Bronze gegen 1.500 Flaschen Wein gestellt. Die Inschrift der größten Christusglocke lautet: „Rex Christe, veni cum pace (König Christus komm mit deinem Frieden“)
Eine Mahnung an uns alle, aktuell über die Zeiten.
Quelle: Dr. Joachim Schiffbauer, 120 Jahre Pfarrkirche Reil, Trier 1962, eigene Recherche
Johanniskapelle am Pfahlbach
Es gibt keine gesicherten Dokumente oder Bauten, die genau belegen, wo im Dorf die erste Besiedelung war. Ausgehen kann man aber davon, dass die ersten ständigen Wohnsitze im Bereich des unteren Pfahlbachs errichtet wurden. Denn die Lage war günstig. Der Pfahlbach bot das ganze Jahr über frisches Wasser, zur Mosel war es nicht weit und es gab bei Hochwasser genügend Ausweichfläche. Man musste nur den Hang hinauf zur nächsten Terrasse gehen. Außerdem befand sich im Bereich der heutigen Gardin und weiter südwärts fruchtbarer Boden zur Feld- und Viehwirtschaft. Im Bereich des Pfahlbachs muss sich bereits 1136 ein Hof (Kapellenhof, bei der Kirche gelegen) befunden haben, der zum Kloster Springiersbach gehörte. Bei dieser Kirche muss es sich um die Johanniskapelle handeln. Heute ist der genaue Standort nicht mehr zu ermitteln. Auf dem Foto sehen Sie die dichte und enge Bebauung des Bereichs des unteren Pfahlbachs. Gässchen und Wege laden zum historischen Bummel ein.
Quelle: Chronik der Gemeinde Reil
Kapelle auf Kuhlert (Ortsteil Heißer Stein)
„Auf Kuhlert“ (Flurbezeichnung) ist oben auf dem Berg und der Ortsteil Heißer Stein. Ende der 60er Jahre wurde das Gelände erschlossen und als Baugebiet ausgewiesen. Heute leben dort ca. 150 Menschen, wovon viele nicht aus Reil stammen und seit Jahrzehnten dazugehören. Im Jahr 2003 wurde von 2 Bürgern vorgeschlagen, eine Kapelle zu errichten. Aus der Versammlung der Bürgerinnen und Bürger entstand der „Kapellenverein Kuhlert“. In Eigenleistung und aus Spenden errichtet lädt die offene Kapelle seit 2005 zum Verweilen ein. Der Verein sorgt heute für Ordnung und Sauberkeit in der Kapelle und auf dem umliegenden Gelände.
(Quelle: Chronik der Gemeinde Reil)
Steipenhäuschen oder Dreifaltigkeitskapelle
Wer aus der Eifel kommend die Moselhöhe hinauffährt, erreicht am Scheitelpunkt den Reiler Hals. Nur Eilige versäumen es, anzuhalten und die grandiose Aussicht auf das Tal der Mosel mit Schleife, drei Dörfern und Marienburg zu genießen. Alle Reiler und vor allem die, die irgendwo auf dieser Welt wohnen, wissen, dass sie jetzt zu Hause sind. Hier an dieser exponierten Stelle befindet sich das Steipenhäuschen oder die Dreifaltigkeitskapelle (Baujahr nicht bekannt), ein einfacher Bau, aus den knappen Mitteln der Reiler Bürger errichtet. Der Glaube konnte wohl nicht aus der Architektur oder der Einrichtung gestärkt werden; die einzigartige Lage mit der weiten Aussicht ist aber dafür -auch heute noch- beeindruckend.
Reiler Sage
Alle Weine der Welt hatte der Pfalzgraf dem Teufel geboten, dem seine Seele verpfändet war. Keiner genügte, ihn loszukaufen. Schon rieb sich der Geschwänzte die Hände und begann den Reiler Schiefer zu heizen, denn die Frist mußte bald verstreichen. Da wuchs dort, von der höllischen Hitze geschürt, ein Moselwein, wie ihn der Pfalzgraf noch nie geschmeckt hatte. So nahm er sich ein Herz und kredenzte seinem Widersacher den letzten Probetrunk. Kaum verspürte der Zottige einen Tropfen davon auf der Zunge, vergaß er Opfer und Ofen und schmatzte laut:
„Endlich der Tropfen vom heißen Stein!“
Der Pfalzgraf wußte nun, womit er seine Keller künftig füllen würde und die Weinbergslage hatte ihren Namen gefunden, der bis heute an diese Geschichte erinnert.
Reilkirch
Reilkirch – seine Geschichte und Bedeutung
von: Eleonore Roth, Reil, im Februar 2019
„Reilkirch“ ist ein Ruhe- und Andachtsort im Besitz der katholischen Pfarrgemeinde des gegenüberliegenden Ortes „Reil“:
Hier stand ehemals die Pfarrkirche „Mariä Heimsuchung“. Der Reiler Pfarrer, Joachim Schiffhauer (Saarburg), verfasst 1962 einen Beitrag für das Kurtrierische Jahrbuch über „die untergegangene Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung in Reilkirch“. Er beschreibt diese als zweischiffige gotische Kirche des 12. Jahrhunderts. Im Dokument des Reiler Pfarrarchivs heißt sie „Ecclesia Beate Marie Virginias in Rile“, die in den folgenden Jahrhunderten mehrfach umgebaut wurde.
Im Jahre 1389 wird die Kirche von Papst Bonifaz IX (1389) als Patrizium in den Rang einer Wallfahrtskirche zum Feste Mariä Heimsuchung am zweiten Juli ernannt. An diesem Tag war Markttag wie auch am Donnerstag vor Pfingsten. Letzterer findet heute noch immer in Reil statt als „Märtche“. Zur „Rylkirch“ wird sie im 15. Jahrhundert und erhält eine amtliche Bezeichnung als Pfarrei von Reil und Burg. Die Kirche wird 1842 abgerissen. Die drei Glocken von Reilkirch läuten heute mit einer vierten Glocke aus der Johanneskapelle vom Turm der heutigen Pfarrkirche zu Reil.
Das Hofgut „Kurpfälzischer Hof“ auf Reilkirchen gehörte zur Herrschaft Pfalz-Birkenfeld, und diese dem Kurfürst zur Pfalz, Karl der I. Ludwig (1617-1680), ein Calvinist. Die Reilkirche mit samt den Häusern von Küster und Pfarrer war zu dieser Zeit im Besitz des Domkapitels zu Trier. Das Gebiet gehörte zum sog. „Kröver Reich“ wozu die Dörfer Kröv, Bengel, Erden, Kinderbeuern, Kinheim, Kövenig und Reil gehörten.
„Diese Bezeichnung hat ihren Ursprung darin, dass es sich um einen alten Reichsgutkomplex handelt, der bis in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts im Besitz der Könige und Kaiser blieb – länger als die meisten anderen Besitzungen des Reiches an der Mosel. Als König Rudolf von Habsburg im November 1274 das um Kröv gelegene Reichsgut an den Grafen Heinrich von Sponheim-Starkenburg verpfändete, legte er damit auch den Grundstein für einen Interessengegensatz zwischen den Grafen von Sponheim und den Erzbischöfen von Trier, denen bei ihrem Bestreben, den Verlauf der Mosel entlang eine Verbindung zwischen ihren wichtigsten Städten Trier und Koblenz zu schaffen…“und weiter: „Nach Jahrhunderten erbitterter Auseinandersetzungen kam es (erst) 1784 zu einem Vertrag, in dem Kurtrier ein Drittel der Landeshoheit im Kröver Reich zugestanden wurde.“Der Hof Reilkirch war bis zum Beginn des 11. Jahrhunderts in kaiserlichem Besitz von Heinrich II (1002-1024); dieser übertrug ihn in einer Tauschurkunde an das Stephansstift in Mainz. Von dort kam der Hof 1103 in den Besitz des Klosters Ravengiersburg bis zur Aufhebung dieses Klosters im 16. Jahrhundert. Eine Silberplastik an der Reiler Monstranz aus dem 13. Jahrhundert scheint zu beweisen, dass Kaiser Heinrich der II. die Kirche des Fiskalgutes neu erbauen ließ. Die kleine Figur der Monstranz trägt auf dem Arm das Modell der gotischen Reilkirche, was ihn als vermutlichen Stifter ausweist. (J.S., ebenda) Auf dem Gelände von Reilkirch standen neben den Hofgebäuden noch das Pfarrhaus und das Küsterhaus.
Johann Franciscus Ermels, Maler und Radierer, geboren 1641 in Reilkirch, gestorben in Nürnberg 1693[/caption]Der Friedhof auf Reilkirch wurde bis ins Jahr 1928 hinein genutzt. Die Toten von Reil wurden mit der Fähre übergesetzt. Das war besonders im Winter und bei Hochwasser ein gefährliches Unterfangen was vor langer Zeit dazu führte daß ein Pastor beim Übersetzen mit seinen Messdienern den Tod in den Fluten fand. Heute gedenken wir hier an diesem Andachtsort unserer toten Vorfahren bei Gottesdiensten.Auf dem Hofgut Reilkirch verlebte der Radierer und Landschaftsmaler Johann Franciscus Ermels seine Kindheit. Er war Sohn des „geweßenen Weingärtners“ Conrad Ermelein und seiner Frau Catharina. Hier ist er zu sehen auf einem Mezzo-Tintodruck des Schabkünstlers Valentin Daniel Preißler (1735-1765) nach einem Bildnis von Johann Ermels, welches von Daniel Preißler (1627-1665) stammt. Die Inschrift auf dem Druck gibt an – vermutlich weil V.D. Preißler es nicht besser wusste – dass er in Köln geboren wurde, was nachweislich falsch ist, wie wir später erfahren werden.
Das künstlerische Werk
Als Zeichner und Radierer widmete er sich in erster Linie Landschaftsdarstellungen und Ruinendarstellungen. Einige seien genannt: „Ein Hirte und eine Hirtin“ ohne Datum (o.D.), Rötel, Universitätsbibliothek Erlangen; „Bewachsene antike Ruinen“, o.D., Feder in Braun, Rijksmuseum Amsterdam; „Ruinenlandschaft mit Hirten am Brunnen“, o.D., Germanisches Nationalmuseum Nürnberg; „Landschaft mit Wanderern und Rastenden“, Öl/Holz um 1675 Städelsches Kunstmuseum Frankfurt am Main; „Römischer Altar“, Radierung 1673, „Blick in die Ruinen des Kolosseums“, Radierung 1673 Graphisches Kabinett der Universität Trier.
Als Maler gehört er zu den sogenannten „Italianisanten“ des 17. Jahrhunderts deren Werke sich überwiegend an der italienischen Landschaftsmalerei orientierten. Ermels selbst war nie in Italien, rezipierte die Motive und Reiseeindrücke der Künstler seiner Zeit z. B. von Jan Both, die mit Szenen eines imaginären Südens mit arkadischen idyllischen Radierungen und Gemälden den Geschmack des wohlhabend gewordenen Bürgertums bedienten. Sie malten „das Licht“, Sehnsuchtsorte des arkadisch verstandenen Südens. Der Katalog mit dem Titel „Von der Mosel nach Arkadien, Johann Franciscus Ermels (1641-1693) als Künstler in seiner Zeit“ enthält ausführliche Beiträge zur Kunstgeschichte.
Ist die Mosel, seine Heimat, nicht auch eine arkadische Landschaft, hier ist sein Geburtsort.
Die Familie Ermels (Ermel/Ermelein) aus Reilkirchen
Die Recherche der Verfasserin im Pfarrbuch von Reilkirch im Bistumsarchiv Trier war nicht erfolgreich hinsichtlich einer Angabe zu seiner Geburt = Taufe in Reilkirch. Das Pfarrbuch wurde sehr ordentlich vom damaligen Pastor, Quirinius Fritzen, von 1632 bis zu seinem Tode 1659 geführt. Eine Heirat von Conrad und Catharina findet sich, wenn sie noch katholisch geschlossen wurde, nicht im Pfarrbuch Reilkirch – ebenso wenig wie deren Taufen, denn diese hätten vor der Zeit von 1630 liegen müssen, dem Beginn der Aufzeichnungen. Eheschließungen und Sterbefälle wurden von Pastor Fritzen nicht eingetragen, oder sie sind nicht mehr vorhanden. Dies heißt, Johann Franciscus Ermels wohnte im katholischen Kurtrier, wie er selber bei seiner Heirat in Nürnberg angibt. Der Hinweis auf Ermels Herkunft von Reilkirchen stammt auch von seinen Biografen Joachim von Sandrart (1675) und Johann Gabriel Doppelmayr (1730). Die Quellenlage besagt, dass im „Enkircher Familienbuch ein Conrad Ermel von Reyhl, Tagelöhner, „jetziger Zeit Führger zu Kebenich“ vermerkt ist, der „vor“ 1652 Catharina heiratete, jedoch nicht in Enkirch. Mit Catharina hat er (außer Johann, der 1641 geboren wurde) weitere Kinder, die in Enkirch lutherisch getauft werden: Anna Catharina (1652-1690), Barbara Margarethe (1654-?) Georg Ludwig 1655-?) Johannes Gerhard (1659-1662) Maria Johannata (1661-?). Johann Ermels ist 11 Jahre alt als seine Eltern 1652, bei der Geburt seiner Schwester Anna Catharina als Lutheraner registriert werden nach ihrem Umzug von Reilkirchen nach Enkirch. Seine Kindheit verbrachte er inmitten der kurtrierisch katholisch geprägten Umgebung. Die Eltern Catharina und Conrad mussten den frühen Tod einiger ihrer Kinder beklagen. Barbara und Georg erreichten vermutlich kein Heiratsalter, ein Todesdatum ist im Kirchenbuch zu Enkirch jedoch auch nicht vermerkt. Vielleicht verließen sie aber ihr Heimatdorf so wie ihr Bruder Johann. Maria heiratet mit 24 Jahren Hans Peter Klemm. Johannes Gerhard stirbt im Alter von zwei Jahren, neun Monaten und neun Tagen. Hat man ihm bei seiner Geburt 1659 den Vornamen in Erinnerung an seinen älteren Bruder gegeben, der schon längst hat die Heimat verlassen müssen?
Die Ermels und Irmelen in Reil, Verwandte von Johann Franciscus Ermels
Ein Johannes Ermelen heiratet am 25.8.1642 Catharina Ilgen in Reil. Ein weiterer Johannes Ermelen hat mit seiner Frau Margarethe die Kinder Anna Catharina, getauft 29.11.1644, Johannes Jacobus 14.7.1648, Johannes 2.2.1650, Maria 29.3.1651, Mathias 9.10.1659. Es könnte sein, dass der Vater dieser Kinder, Johannes Ermelen, ein Bruder des Vaters von Johannes Franciscus, Conrad Ermelen ist. Im Pfarrbuch von Reilkirch, finden sich zu Lebzeiten der Ermels zahlreiche „Irmelen“, eine Familie die schon lange ansässig ist, und – wie die Steuerliste aus dem Jahre 1544 belegt, keine Armen waren. Der letzte Irmelen, Martin, ist 1820 im Familienbuch von Reil aufgeführt.
Nach Information von Herrn Professor Erwin Schaaf, Kinderbeuern, gibt es Steuerlisten nur bis etwa 1621 und dann erst wieder ab 1656. Plünderungen und die Raubzüge durch vagabundierende Soldaten und Heimatlose dauerten noch nach 1648 an (Westfälischer Frieden nach dem Dreißigjährigen Krieg), und ließen kaum geordnetes Verwaltungshandeln wie das Eintreiben von Steuern zu; die Moselaner hatten Mühe sich selbst zu erhalten.
Johann Ermels Kindheit und Lehrjahre
Die Kindheit war im 17. Jahrhundert mit etwa 12 Jahren zu ende. In dieser Zeit wurden Kinder früh zur Arbeit in Feld und Flur herangezogen, Johann als Hütejunge schon mit vier oder fünf Jahren – vielleicht zusammen mit den Kindern des Küster-Ehepaares Heinrich und Gertrud Fritzen: Quirinus, Maria, Johann und Peter, die in seinem Alter waren.
Im Jahre 1652 wird der Vater im Pfarrbuch von Enkirch nun als „Conrad von Reyhl, Tagelöhner, „jetziger Zeit Führger zu Kebenich“ geführt. Reil selbst gehörte zum „Kröver Reich“, welches der Kurfürst zu Trier, als seinen Besitz katholisch hieß. So erklärt sich auch, wieso Johann bei seiner Eheschließung in Nürnberg als Herkunftsort „Kurtrier“ angibt und nicht die Grafschaft Sponheim.
Es waren schlimme Zeiten kurz nach dem „Dreißigjährigen Krieg“. Wie mag es den Ermels ergangen sein? Hatten sie ihr Land in der Not verkaufen müssen und war Conrad deshalb „nur“ noch als Tagelöhner in den Weinbergen tätig und später als Fährmann zu Enkirch?
Lehrjahre bei einem Meister im 17. Jahrhundert
Mit 12 – spätestens mit 14 Jahren – wurden die Buben zu einem Lehrmeister gegeben, dem Lehrgeld für die Ausbildung bezahlt werden musste. Das war keine unerhebliche Auslage. So heißt es in einem Nürnberger Dokument von 1618, dass einem Meister dort 60 Gulden Lehrgeld für vier Jahre bezahlt werden musste. Wie war es da dem Weingärtner oder auch Tagelöhner Conrad und seiner Frau möglich, ihren begabten Sohn zur Lehre geben zu können? Wahrscheinlich ist es, dass Johann mit zwölf Jahren als Schiffsjunge auf einem der Frachter oder Pilgerschiffe, die auf Reilkirchen anlegten, arbeiten musste. Sein Vater war seit 1652 Fährmann, da kannte er die Schiffer auf der Mosel. Die Eltern waren arm, und es war nicht ungewöhnlich, dass ihre Kinder früh als Arbeitskraft zum Lebensunterhalt beitrugen oder – wie hier, wo es wenige Verdienstgelegenheiten gab – die Heimat verließen, nach dem Motto der Bremer Stadtmusikanten: „überall ist es besser als hier“. So kam er vielleicht nach Köln und fand am Hafen Aufnahme und Arbeit in einer Kölner Familie oder sogar gleich in der Meisterwerkstatt von Johann Hulsmann, wo er zunächst beim Reinigen der Werkstatt Zugang zu Pinsel und Farben, so sein Talent entdeckte und später dann seine Ausbildung zum Historienmaler beginnen konnte.
Oder hatte er einen wohlhabenden Patenonkel als Förderer? Wir haben keinen Taufbucheintrag von Johann, wo dies vermerkt wäre. Erst für die weiteren Kinder des Paares Conrad und Catharina, die in Enkirch evangelisch getauft werden, gibt es die Eintragung der Paten und Patinnen und deren Berufe und Herkunft.
Die Werke von Johann Hulsmann zu Köln, sind im Kölnischen Stadtmuseum und in Kölner Kirchen noch zu sehen. Die Zunftrollen der Maler-Gaffel aus der fraglichen Lehrzeit (also etwa 1652 bis 1658) sind nach Auskunft von Herrn Dr. Max Plassmann, Archivar im „Historischen Archiv“ der Stadt Köln, nicht mehr erhalten. So findet sich kein Eintrag des Lehrlings und späteren Gesellen Johann Ermels in Köln. Von Köln aus wandert der Geselle Johann Ermel nach Utrecht, eine Stadt und Provinz mit zahlreichen Klöstern, Kirchen und reichen Bürgerhäuser, also Brotgeber von Malern, Bildhauern und Kunsthandwerkern. Nach seiner Wanderschaft als Geselle wählt er die protestantische reiche Handelsstadt Nürnberg als sein Ziel. Ermels tritt 1660 als Geselle ein in die Meisterwerkstatt des 1648 verstorbenen Meisters Christoph Halter. Am 20.8.1661 erhielt er das Bürgerrecht, wird registriert als „Johann Ermelein, Mahler“, und am 8.10.1662 wird er Meister mit dem Probestück „Christus und die Samariterin am Brunnen“. Nun ist er wirtschaftlich selbständig. Erst die Heirat mit der Meistertochter Susanna Haltern am 16. September 1661 in der evangelischen Kirche St. Sebaldus verschaffte dem Gesellen den Zugang zum Bürgerrecht von Nürnberg. Mit Susanna, seiner ersten Frau, die kurz nach der Geburt ihres sechsten Kindes stirbt und am 3.6.1669 beerdigt wird, hat er sechs Kinder, die in St. Sebald getauft und im Kirchenbuch vermerkt sind: Agnes, getauft 20. Juni 1662 (S. 357); Susanna Elisabeth, getauft 27. Oktober 1663 (S. 427); Johann Heinrich, getauft 13. Februar 1665 (S. 507); Georg Paulus, getauft 24. August 1666 (S. 587); Maria Magdalena, getauft 6. Oktober 1667 (S. 645); Susanna Christina, getauft 10. Mai 1669 (S. 706). Der Sohn Georg Paulus wird ebenfalls Maler. Zur Versorgung des Meisterhaushalts und der mutterlosen Kinder braucht Ermels eine neue Ehefrau. Er heiratet 1671 in St. Sebald die „Erbar und Tugendsame Jungfr. Anna Barbara, des Erbarn und Wohlgelehrten Hanns Georg Reger, der Schul St. Sebaldi Collaboratories ehl Tochter“. Diese Ehe bleibt kinderlos.
Wir wissen leider nicht, ob Johann Franciscus Ermels je wieder in seine Heimat nach Reilkirchen oder Enkirch kam. Es ist nicht wahrscheinlich dass er anreiste z. b. zur Heirat seiner jüngsten Schwester, Maria Johannata, 1661 und auch nicht zum Tode seines Vaters in Enkirch 1676. Beim Tode seiner Mutter, die 1693 im Alter von 70 Jahren verstarb, war er selbst 52 Jahre alt und erlag am 3.12.1693 seinem schweren Gichtleiden. Begraben wird er am 7.12.1693 im Grab Nr. 127 auf dem Johannesfriedhof, der Grabstein ist nicht erhalten (s. auch: Grieb in „Nürnberger Künstlerlexikon, Nürnberg, 2007)
3. Quelle: LAELKB, PfA Nürnberg-St. Sebald KB 9.5.0001 – 601 – 25, Tr 1661/93, Bl. 391r .Übertragung von: Karl G. Oehms, für die Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde Köln e.V.Redakteur für Familienbücher und Leiter der Bezirksgruppe Trier: http://trier.wgff.net
4. Quelle: Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, ( LAELKB), Nürnberg 2016
5. Urkunde liegt vor, übersandt von Herrn Dr. Andreas Metzing, Evangelische Archivstelle Boppard, 2016
6. Katholisches Familienbuch Reil, Bistumsarchiv Trier, Nr. 1824 und 1825, Bd. 2, Zeitraum 1630 ff
7. LH Arch. Koblenz, Abt. 33, Nr. 6450, (Grafschaft Sponheim), Seite 7-25, “ Schatz- und Steuergeld im Cröver Reich beiden unseren gnedigen Fürsten und Herren von Sponheim das Zweittel und dem Churfürsten von Trier das Drittel, belegt im Jahre XVXLIIII als von hundert Gulden einem je 15 Batzen für den Gulden.“
8. Quelle: LAELKB, PfA Nürnberg-St. Sebald KB 9.5.0001 – 601 – 9, T)
9. s. a. Andreas Tacke (Hrsg.) u. a.: Der Mahler Ordnung und Gebräuch in Nürnberg, München, 2001